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Weniger ist mehr - Warum PowerPoint deine Rede zerstört



Herzlich Willkommen zur Betriebsversammlung!


Mit diesen Worten werde ich auf der Betriebsversammlung freundlich empfangen – nicht vom Betriebsrat sondern von einer großen Leinwand.


Kaum hat der Betriebsratsvorsitzende die Bühne betreten, um den Tätigkeitsbericht des Betriebsrates zu halten, springt mir auch schon die nächste Folie entgegen – die Tagesordnung.


Und so geht es munter weiter. Die Betriebsratsversammlung ist die reinste PowerPoint Orgie. Denn auch der Arbeitgeber und die Gewerkschaftsvertreter lieben PowerPoint Präsentationen.


Meine Kollegen und ich nicht, denn wir fühlen uns von den vielen Zahlen, Bildern und Worten erschlagen und freuen uns auf das Ende der Betriebsversammlung.



1. PowerPoint ist ein Zeitfresser


Die meisten Betriebsräte verbringen mehr Zeit mit der Erstellung der PowerPoint Präsentation als mit dem Schreiben ihrer Betriebsratsrede. Stundenlang suchen sie nach Bildern, Videos oder Grafiken und brüten tagelang über Texte.


Kostbare Zeit, die für die Vorbereitung der Rede verloren geht. Konzentriere dich auf das Wichtigste – deine Betriebsratsrede. Denn ein guter Redner braucht keine Folien, um mit seiner Rede zu überzeugen.


Oder glaubst du, dass deine Kollegen wegen PowerPoint zur Betriebsversammlung kommen?



2. PowerPoint ist eine Nervensäge


Wenn du deine Kollegen mit endlosen Folien erschlägst, sie mit bunten Bildern überflutest und mit tausenden Worten überschüttest, schalten sie ab und sind genervt.


Das menschliche Gehirn läuft auf Hochtouren und schaltet bei Reizüberflutung ab – eine geniale Erfindung der Natur, um nicht durchzudrehen.


Ein guter Redner achtet darauf, die Gehirnzellen seine Zuhörer nicht mit zu vielen Informationen zu überfordern. Denn auch sein Gehirn schaltet auch Durchzug, wenn es mit PowerPoint bombardiert wird.


Als Redner hat du die Verantwortung, dass du die Informationen so aufbereitest, dass sie für deine Kollegen leicht verdaulich sind und nicht an ihren Nerven zerren.



3. PowerPoint ist ein Ideenkiller


Folien verhindern gute Ideen. Wenn du dich auf PowerPoint konzentrierst, machst du dir nicht mehr die Mühe, nach anderen Ideen für deine Rede zu suchen. Nein, es muss nicht immer das gute alte Flipchart sein.


Für eine Betriebsratsrede habe ich zum Beispiel einige Kollegen zu einem heiklen Thema interviewt. Da sie selbst auf der Betriebsversammlung nicht reden wollten, habe ich ihre Stimmen aufgenommen – ohne Namen.


Nach einer bewusst eingesetzten Redepause lies ich das Licht im Saal fast bis zur Dunkelheit dämmen und spielte die Stimmen meiner Kollegen ab. Ich landete einen Volltreffer, denn im Saal war es mucksmäuschenstill.


Natürlich hätte ich auch die Statements meiner Kollegen vorlesen können oder sie auf Folien schreiben können. Doch die selbst gesprochenen Worte meiner Kollegen hätten meine Worte oder die geschriebenen Worte auf PowerPoint haushoch geschlagen.



4. PowerPoint ist eine Krücke


Viele Redner halten sich am Rednerpult fest, um vor lauter Aufregung nicht umzufallen oder um sich zu verstecken. Auch PowerPoint ist ein gutes Versteck für Redner. Sie werden kaum gesehen, denn auf der Bühne herrscht meist dunkles Licht, um die Folien besser zu sehen.


PowerPoint ist eine Krücke, an der sich der Redner festhält. Da die Rede fast Wort für Wort auf die Folien geschrieben ist und vorgelesen wird, degradiert sich ein Redner zu einem Vorleser.


Deine Rede wird auch nicht besser, wenn du PowerPoint als Stichwortzettel benutzt, um dich daran entlang zu hangeln. Missbrauche Folien nicht für Worte, die aus deinem Mund erstens besser klingen und zweitens stärker wirken.


Eine gute Rede lebt von einem Menschen und nicht von Folien. Stelle dich ins Rampenlicht – ohne Pult und ohne PowerPoint. Deine Kollegen wollen einen selbstbewussten Betriebsrat, der den Mund aufmacht und Klartext spricht. Und Krücken sind nicht für Redner gemacht.



5. PowerPoint ist eine Gefahr


Ich kenne viele Betriebsräte, die vor der Betriebsversammlung ihre PowerPoint Präsentation mit dem Arbeitgeber austauschen. Leider bedenken sie nicht die Risiken und Nebenwirkungen – und die können verherrend sein.


Der Arbeitgeber schlägt entweder schon vor oder während vor der Betriebsversammlung zurück, wenn ihm etwas gegen den Stich geht – und die meisten Betriebsräte knicken ein.


Aus der Nummer kommst du raus, wenn du keine Präsentation hast. Und schlägst gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Du spielst dem Arbeitgeber nicht in die Karten und behälst das Zepter in der Hand – schließlich ist es die Versammlung des Betriebsrates.


Eine Betriebsversammlung ohne PowerPoint Folien lockt auch die Kollegen an, die keinen Bock auf Betreues Lesen haben.



6. PowerPoint ist eine Lese


Bilder sagen mehr als tausend Worte. Stimmt. Doch jedes tolle Bild verliert seine Sprache, wenn du es beschreibst. Bilder sprechen ihre eigene Sprache und brauchen keinen Kommentator.


Worte sind mächtig. Simmt auch. Doch jedes starke Wort verliert seine Macht, wenn du es wie ein Souffleur am Theater vorliest. Meistens lesen deine Kollegen sowieso schneller als du vorlesen kannst.


Warum sollten deine Kollegen deiner Rede lauschen, wenn du ihnen schon alles auf dem PowerPoint Tablett servierst? Und wenn du nach der Betriebsversammlung die Präsentation an die Belegschaft schickst, musst du dich nicht über leere Stuhlreihen wundern.



7. PowerPoint ist ein Rivale


Auch wenn Folien keinen Mund zum Reden haben, holst du dir einen zweiten Redner auf die Bühne – PowerPoint. Er ist ein ernsthafter Konkurrent, denn er ist mächtiger als du denkst.


Er steht hinter deinem Rücken und lässt dich als Redner klein erscheinen. Deine Kollegen wenden sich automatisch vom Redner ab, wenn Bilder und Worte über die große Leinwand springen.


Auch du schwenkst zwischen deinem Redemanuskript und PowerPoint hin und her. Selbst wenn du deine Rede im Kopf hast, verlierst du den Kontakt zu deinen Kollegen und musst ständig um deren Aufmerksamkeit kämpfen.


Lass die Finger von Folien, die kein Mensch braucht und konzentriere dich auf deine Rede und deine Kollegen. Sie haben es verdient, denn sie sind der Mittelpunkt der Betriebsversammlung.



PowerPoint zerstört deine Rede


PowerPoint kostet nicht nur Zeit und Nerven, sondern zerstört auch deine Rede und dich als Redner gleich mit. Redner brauchen keine Folien. Deine Kollegen auch nicht.


Wenn du Bilder oder Grafiken präsentieren willst, kannst du PowerPoint als Hilfsmittel einsetzen. Aber vielleicht gehen dir jetzt auch andere Ideen durch den Kopf, die PowerPoint überflüssig machen.


Trau dich auf der nächsten Betriebsversammlung ohne PowerPoint zu reden, auch wenn du im Betriebsrat auf Gegenwind stößt. Überzeuge mit deiner Rede und lass deinen Worten Taten folgen, denn daran werden dich deine Kollegen messen.


Und denke daran: "Menschen können reden, Folien nicht."


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