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Wer fragt, der führt - Wie du bessere Gespräche im Betriebsrat führst



Du sitzt mit den Arbeitgeber am Verhandlungstisch und fragst dich, wie er es immer wieder schafft, geschickt Gespräche in seine Richtung zu lenken. Ganz einfach: Er stellt Fragen – vor allem die richtigen!


Hand aufs Herz:


Wie viele Fragen hast du dem Arbeitgeber in der letzten Verhandlungsrunde gestellt? Und welche Fragen waren es? Wahrscheinlich kannst du dich nur noch schwach daran erinnern.


Das hat einen einfachen Grund: Wir machen uns nämlich über das Fragenstellen keine Gedanken.


Ein fataler Fehler.


Denn als Betriebsrat kommst du um das Fragenstellen nicht herum: Kein Arbeitgeber der Welt wird dir die Informationen, die du für deine Betriebsratsarbeit brauchst, auf dem Silbertablett servieren – auch wenn er gesetzlich dazu verpflichtet ist.


Und wenn du deine Kollegen nicht nach ihrer Meinung fragst, wirst du auch nicht wissen, wo der Schuh drückt. Deshalb ist es für dich wahnsinnig wichtig, nicht nur Fragen zu stellen, sondern auch die richtigen.


Doch welche Fragen sind das?


Ich habe für dich 7 Fragearten ausgewählt, die du als Betriebsrat brauchst, um deine nächsten Gespräche zielgerichteter zu führen. Du musst sie einfach nur anwenden – am besten noch heute.



1. Offene Frage


Stelle offene Fragen, wenn du mit deinen Betriebsratskollegen, der Belegschaft oder mit dem Arbeitgeber Gespräche führst und ausführliche Informationen benötigst.


Durch eine offene Frage wird sich dein Gesprächspartner „öffnen“ und seinen Gedanken freien Lauf lassen. So erfährst du, was der andere denkt und fühlt.


Offene Fragen erkennst du daran, dass sie mit den Fragewörtern Wer, Wie, Was, Wieso, Weshalb, Warum … beginnen. Deshalb werden offene Fragen oft auch als W-Fragen bezeichnet.


Beispiele:

  • Welche Auswirkungen hat die Einführung der neuen Software auf die Belegschaft?

  • Warum sind die Verhandlungen mit dem Arbeitgeber gescheitert?

  • Was wurde auf der Betriebsratssitzung besprochen?

Doch Vorsicht! Nicht jede Frage, die mit einem W beginnt, ist automatisch eine offene Frage.

  • Würdest du bitte …?

  • Willst du nicht …?

  • Wärst du bereit …?

Auch eine offene Frage kann einsilbig beantwortet werden, denn Gesprächspartner sind mehr oder weniger redselig. Wenn dir die Antwort nicht reicht, fragst du noch mal offen nach.


Frage: Wie war die Betriebsversammlung?

Antwort: Langweilig.

Nachhaken: Was genau hat dich an der Betriebsversammlung gelangweilt?



2. Geschlossene Frage


Stelle geschlossene Fragen, wenn du deinen Gesprächspartner dazu bringen willst, mit einem kurzen Ja oder Nein zu antworten. Geschlossene Frage beginnen mit einen Verb.


Beispiele:

  • Kommst du morgen zur Sitzung?

  • Bist du mit dem Vorschlag einverstanden?

  • Können wir die Betriebsvereinbarung jetzt unterzeichnen?

Geschlossene Fragen helfen dir, Gespräche straff zu führen und schnell zu einer Entscheidung zu kommen. Vielredner zwingst du, sich kurz zu fassen und auf den Punkt zu kommen.


Doch Vorsicht! Wenn du zu viele geschlossene Fragen stellst, fühlt sich dein Gesprächspartner schnell ausgefragt und macht dann vermutlich dicht. Auch für dich kann ein ständiges Fragen ziemlich anstrengend sein.



3. Informationsfrage


Informationsfragen – der Name sagt es schon – sind dazu da, um Informationen von deinem Gesprächspartner zu erhalten, die du für deine Betriebsratsarbeit brauchst.


Informationsfragen eignen sich auch hervorragend für Umfragen, also wenn du zum Beispiel deine Kollegen befragst. Obwohl Informationsfragen zu den offenen Fragen gehören, sind die Antworten meist kurz und knapp.


Beispiele:

  • Wann muss der Entwurf beim Arbeitgeber vorliegen? Nächste Woche.

  • Wofür soll die neue Software eingesetzt werden? Für das Scannen der Rechnungen.

  • Wann kommen die Unternehmensberater ins Haus? Ende des Jahres.



4. Kontrollfrage


Mit einer Kontrollfrage vergewisserst du dich, ob du deinen Gesprächspartner richtig verstanden hast. Mit deinen eigenen Worten fasst du nochmal zusammen, was der andere gesagt hat.


Verwende Kontrollfragen in Sitzungen des Betriebsrates oder in Verhandlungen mit dem Arbeitgeber, um Zwischenergebnisse festzuhalten und um Missverständnisse vorzubeugen.


Beispiele:

  • Wenn ich mich recht erinnere, sagtest du…?

  • Habe ich richtig verstanden, dass…?

  • Du meinst also, dass …?



5. Gegenfrage


Als Kinder haben wir gelernt, auf eine Frage nicht mit einer Gegenfrage zu antworten und es verlernt, Gegenfragen zu stellen.


Dabei helfen dir Gegenfragen, Zeit zum Nachdenken zu gewinnen, wenn du nicht sofort eine Antwort parat hast oder du dich unter Druck gesetzt fühlst.


Mit Gegenfragen kannst du auch gekonnt verbale Attacken abwehren, weil du den Spieß wieder umdrehst und den Angreifer in Erklärungsnot bringst.


Beispiel:

Frage: Warum hat der Betriebsrat vertrauliche Informationen an die Belegschaft weitergegeben? Gegenfrage: Wie kommen Sie darauf?

Frage: Antwortest du immer mit einer Gegenfrage? Gegenfrage: Warum sollte ich auf eine Frage nicht mit einer Gegenfrage antworten?



6. Alternativfrage


Alternativfragen lassen deinem Gesprächspartner die Wahl zwischen zwei Antwortmöglichkeiten, die du vorgegeben hast. Somit fällt es deinem Gesprächspartner leichter, sich für die eine der beiden Alternativen zu entscheiden.


Alternativfragen kannst du leicht an dem Wort „oder“ erkennen.


Beispiele:

  • Wann bekomme ich das Protokoll: am Dienstag oder am Donnerstag?

  • Kommt für Sie Vorschlag A oder Vorschlag B in Frage?

Nenne die von dir bevorzugte Variante als letztes, da bei den meisten Menschen die zuletzt genannte Variante im Gedächtnis hängen bleibt. So erhöhst du die Chance, dass diese von deinem Gesprächspartner gewählt wird.


Alternativfragen haben aber auch ihre Schattenseiten: Sie werden gerne eingesetzt, um den anderen zu verleiten, sich zwischen den beiden Alternativen zu entscheiden, wodurch andere möglichen Lösungen im Keim erstickt werden – ob bewusst oder unbewusst.


Spitze deshalb deine Ohren und tappe nicht in diese Fragenfalle, denn schließlich gibt es ja noch tausend andere Alternativen.



7. Suggestivfrage


Mit dieser Frage legst du deinem Gesprächspartner die Antwort quasi in den Mund. Ein typisches Beispiel: Herr Müller, sind Sie nicht auch der Meinung, dass…?


Mit Suggestivfragen manipulierst du deinen Gesprächspartner, denn du möchtest ja, dass der andere deiner Unterstellung zustimmt. Deshalb rate ich dir, keine Suggestivfragen zu stellen, denn du möchtest ja auch nicht manipuliert werden.



Sei mutig


In meinen Seminaren erlebe ich immer wieder, dass es einigen Betriebsräten schwer fällt, die richtigen Fragen zu stellen. Manchmal liegt es aber auch daran, dass sie schon nach den ersten Fragen, die der Arbeitgeber nur halbherzig beantwortet, die Flinte ins Korn werfen und nicht weiterfragen.


Sei mutig und stelle bewusster Fragen. Achte auch darauf, welche Fragen andere dir stellen und wie du darauf reagierst. Dadurch bekommst du einfach ein besseres Gefühl für Fragen. Und trau dich auch mal, anders zu fragen.



Lenke mit Fragen deine Gespräche


Du willst gleich loslegen? Hier ein paar einfache Tipps aus meiner Betriebsratszeit, wie du das Fragenstellen gleich in die Tat umsetzen kannst:

  1. Schreibe einen Fragenkatalog und schicke diesen an den Arbeitgeber. Wenn dieser nur halb beantwortet zurückkommt – was garantiert der Fall sein wird – lass nicht locker und frage wieder nach.

  2. Mit nur einer einzigen Frage an deine Kollegen „ Was sind deine brennenden Probleme?“ wirst du in Windeseile wissen, wie die Stimmung in der Belegschaft ist und welche Probleme du als Betriebsrat in Angriff nehmen musst.

  3. Du kannst dir aber auch schon für deine nächsten Gespräche konkrete Fragen aufschreiben, die man meistens in der Hitze des Gefechts vergisst und die typischen Fragen aufschreiben, die der Arbeitgeber oder deine Kollegen dir stellen werden. Somit bist du einfach gut gewappnet.

Fragen sind mächtige Werkzeuge in Gesprächen. Sei dir dieser Macht bewusst und gehe mit ihr verantwortungsvoll um.


Und denke daran: "Wer richtig fragt, der führt."



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