„Ich hasse, wenn der Arbeitgeber in Verhandlungen des Betriebsrates eine Maske trägt, weil ich ihm nicht ins ganze Gesicht schauen kann.“
Das sind die Worte eines Betriebsratsvorsitzenden, der in Corona Zeiten mit dem Arbeitgeber wie viele andere Betriebsräte den ganzen Tag am Verhandlungstisch sitzt.
Was habe ich ihm geantwortet?
Konzentriere dich auf die Augen. Denn an den Blickrichtungen der Augen kannst du erkennen, was deinem Arbeitgeber in Verhandlungen des Betriebsrates durch den Kopf geht.
Du hast bestimmt auch schon mal beobachtet, wie die Augen deines Arbeitgebers nach oben, nach unten oder zur Seite wandern. Das ist kein Zufall, denn das Gehirn steuert unbewusst seine Augen – auch deine.
Deshalb schaue dem Arbeitgeber in die Augen – immer aus deiner Sicht betrachtet. Und bedenke, dass beim Linkshänder die Seiten rechts und links vertauscht sein könnnen.
Aber was verraten die Augen und in welche Richtungen wandern die Blicke?
1. Blickrichtung – Die Augen schauen nach rechts oben
Wenn dein Arbeitgeber nach oben rechts schaut, erinnert er sich an Bilder oder Farben, die er schon einmal in seinem Leben gesehen hat. Diese Blickrichtung nennt man „visuell erinnert“.
Ob er sich auch wirklich an Bilder erinnert, kannst du mit Fragen überprüfen. Beispiel: Haben Sie sich unseren Entwurf zur Betriebsvereinbarung angeschaut? Schaut er nach oben rechts, erinnert er sich daran.
Er sieht den Entwurf des Betriebsrates zur Betriebsvereinbarung – sieben weiße Blätter mit schwarzer Schrift vor seinem geistige Auge.
2. Blickrichtung – Die Augen schauen nach links oben
Schaut dein Arbeitgeber bei dieser Frage aber nach oben links, kannst du davon ausgehen, dass er sich den Entwurf zur Betriebsvereinbarung nicht angeschaut hat.
Da sein Gehirn keine Bilder von den sieben weißen Blättern mit schwarzer Schrift abrufen kann, muss es Bilder erfinden. Diese Blickrichtung heißt deshalb „visuell konstruiert“.
3. Blickrichtung – Die Augen schauen nach rechts zur Seite
Wenn die Augen nach rechts zur Seite in Richtung Ohren schauen, hört dein Arbeitgeber Stimmen oder erinnert sich an Gespäche in Verhandlungen.
Er kann sich aber auch an Geräusche wie das Klimpern deiner Tastatur oder an den Klingelton deines Handys errinnern.
Mit Fragen wie „Erinnern Sie sich, was ich zum ersten Paragraphen der Betriebsvereinbarung gesagt habe?“ kannst du prüfen, ob er sich wirklich an deine Worte erinnert.
4. Blickrichtung – Die Augen schauen nach links zur Seite
Schaut er bei dieser Frage nach links zur Seite, kannst du ziemlich sicher sein, dass er sich nicht an deine Worte erinneren kann. Diese Blickrichtung heißt „auditiv konstruiert“.
Hat der Arbeitgeber dir eine Lüge aufgetischt, wenn er diese Frage mit „Ja“ beantwortet und dabei nach links zur Seite schaut? Kann sein, muss aber nicht. Verdächtig ist es aber schon.
5. Blickrichtung – Die Augen schauen nach rechts unten
Wandern die Augen deines Arbeitgebers nach rechts unten, spricht er mit sich selbst. Deshalb nennt man diese Blickrichtung „innerer Dialog“.
Wenn er Selbstgespräche mit sich führt, gehen ihm tausend Gedanken durch den Kopf. Welche? Das verraten nicht die Augen, sondern die Worte, die kurz danach über seine Lippen gehen.
6. Blickrichtung – Die Augen schauen nach links unten
Bewegen sich die Augen nach unten links, ist das ein sicheres Zeichen, dass der Arbeitgeber sich an Gefühle erinnert.
Vielleicht fühlt er die kalten weißen Blätter der Betriebsvereinbarung oder ärgert sich über die Forderungen des Betriebsrates. Diese Blickrichtung heißt in der Fachsprache „kinästhetisch“.
Was verraten die Augen des Arbeitgebers in Verhandlungen des Betriebsrates?
Mehr als ihm vielleicht lieb ist. Oder dir als Betriebsratsvorsitzender, wenn ein Arbeitgeber auch deine Blicke deuten kann.
Aber keine Angst: Die Blickrichtungen der Augen verraten nur, wie wir denken und nicht, was wir denken.
Achte deshalb nicht nur auf die Augenbewegungen, sondern auch auf die Worte. Und die hörst du auch, wenn dein Arbeitgeber eine Maske am Verhandlungstisch trägt.
Und denke daran: „Um klar zu sehen, genügt oft ein Wechsel der Blickrichtung.“ (Antoine de Saint-Exupery)